Was sind die Voraussetzungen für eine freie Gesellschaft, in der jeder seine Meinung sagen darf, ohne dafür diskreditiert zu werden?
Lesen Sie dazu den offenen Brief von Felix Sachs, einem der Erstunterzeichner von 911untersuchen.ch, an Martin Naville, den Vorsitzenden der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer. Im CC die Journalisten Sandro Brotz (Der Sonntag) und David Vonplon (Tagesanzeiger), die in ihren Artikeln (1, 2) zum Thema 911untersuchen.ch Fairness und Objektivität vermissen liessen.
Sehr geehrter Herr Naville
Ihre Nervosität nach der Aufschaltung der Website www.911untersuchen.ch erachte ich als Erfolg für den Initianten, Herrn Stefan Schaer. Als einer der frühen Unterzeichner danke ich Ihnen dafür vorerst einmal.
Was Sie als Entgegnung vorbringen, sind keine Argumente, sondern Vernebelungsversuche. Offensichtlich sind Sie nicht in der Lage, auf eine sachliche Diskussion einzutreten, sonst würden Sie nicht sofort auf die Person, die political correctness und die Moral spielen:
- die Person: Sie bezeichnen die Kritiker an der offiziellen Version der Ereignisse vom 11. September 2001 pauschal als «Verschwörungstheoretiker», ihre konkreten Einwände als «grotesk». Das sind selbstverständlich keine Argumente, sondern Angriffe auf die Integrität der Personen, ohne sachliche Gründe für ihre öffentliche Verurteilung zu geben.
- die political correctness: auch der «latente und offene Antiamerikanismus», den Eric Scherer vom American Club of Zurich ins Spiel bringt, ist kein Argument zur Sache. Die individuelle Einstellung gegenüber den USA wird von ganz verschiedenen Facetten geprägt. Ich beschränke mich hier auf die überwiegende Einstellung der Kritiker der offiziellen Version und eine mögliche konträre Haltung: In Wirklichkeit offenbart sich gerade Proamerikanismus in der Forderung, die offenkundigen Probleme anzugehen, im Vertrauen darauf, dass die USA in der Rechtstradition der westlichen Staatengemeinschaft fähig und willens sein können, ein unheimliches Ereignis in ihrem Schoss, das die ganze Welt erschüttert hat, aufzuklären und die wahren Schuldigen der gerechten Strafe zuzuführen; Antiamerikanismus ist dagegen z.B. bei jenen zu orten, die den «Amerikanern alles zutrauen» und sie obendrein für so verdorben halten, dass sie einer Aufarbeitung von 9/11 Null Chance geben und deshalb resigniert schweigen. Wir Unterzeichner, Frauen und Männer, fühlen uns solidarisch mit schätzungsweise 100 Millionen von US-Amerikanern (hochgerechnet von zirka einem Drittel der Bevölkerung, das laut Umfragen eine neue Untersuchung fordert), die genauso denken wie wir, und mit den Angehörigen der Opfer, die noch immer nicht wirklich wissen, wie das alles geschehen konnte und wer die wirklichen Schuldigen sind.
- die Moral: Sie verlangen von den Kritikern «ein Minimum an Zurückhaltung und Pietät»: Zurückhaltung worin, was ist Ihrer Meinung nach erlaubt, was verboten? Was ist unschicklich oder gar «peinlich»? Offensichtliche Probleme in der offiziellen Version öffentlich zu benennen? Das erinnert an schlimmste Denkverbote in absolutistischen, undemokratischen Systemen (Staaten oder Religionen oder Sekten) und ist dem, was von den Gründungsvätern bis heute das us-amerikanische Selbstverständnis ausmacht, nämlich leuchtendes Vorbild für Demokratie und Freiheit zu sein, diametral entgegengesetzt! – Pietät wem gegenüber? Den Hinterbliebenen der Opfer in den eingestürzten WTC-Türmen? Gerade sie erwarten nichts als jene Gerechtigkeit, für die auch die Kritiker an den Ungereimtheiten in der offiziellen Version eintreten und bei weitem nicht gerichtlich wiederhergestellt worden ist. Der US-Regierung? Hier wäre zu präzisieren: unter welcher Administration? 2001 war das erste Jahr der Administration George W. Bush: sie hat die Fehler und alle Machenschaften zu verantworten, sofern eine neue, unabhängige Untersuchung solche aufdecken würde, nicht die neue Administration unter Barack Obama. Wenn Obama die frühere Administration vor einer neuen Untersuchung schützen zu müssen glaubt, ist das sein Problem, uns kann deswegen das Denken nicht verboten werden. Und warum sie «schützen», wenn sie keinerlei Fehler gemacht haben soll? Durch eine unabhängige Untersuchung kann sie an Glaubwürdigkeit doch nur gewinnen!
Ihre rein emotional geprägte Reaktion lässt sogar den Verdacht aufkommen, dass Sie selbst sehr wohl um die Widersprüche in der offiziellen Version wissen und es nur als Ihre Pflicht ansehen, aus Loyalität Ihren Repräsentationspflichten gegenüber jegliche Kritik, und sei sie auch noch so berechtigt, zu unterdrücken, ohne einzugestehen, sie mit Argumenten nicht widerlegen zu können.
Wie dem auch sei, Ihre Reaktion führt in heilsamer Weise zu grundsätzlichen Überlegungen über die Voraussetzungen zur freien Meinungsäusserung in unserer Gesellschaft. So paradox es im ersten Moment erscheinen mag: Erste Voraussetzung der freien Meinungsäusserung ist nicht die objektive Wahrheit, sie ist ja in den meisten Fällen gar nicht sicher erkannt, das Normale sind unterschiedliche Meinungen zu komplexen Sachverhalten. Eine freie Gesellschaft muss deshalb vermeintlich oder objektiv falsche Behauptungen zulassen können. Konkret heisst dies, dass auch für uns Kritiker die offizielle Version von 9/11 gleichberechtigt neben anderen Darstellungen existieren darf (obwohl sie aus unserer Sicht falsch ist), nicht weniger, aber auch nicht mehr. Keine Seite (auch nicht die US-Regierung) hat ein Recht, die eigene Version für sakrosankt zu erklären und andere Meinungen zu verbieten. Es liegt dann am fairen Diskurs, im gegenseitigen Hören aufeinander und Abwägen aller vorgebrachten Argumente der Erkenntnis der objektiven Fakten und ihrer Ursachen gemeinsam näherzukommen.
In einem freiheitlichen Rechtsstaat sind die Grenzen der freien Meinungsäusserung deshalb gerade nicht durch eine einseitig absolut gesetzte Wahrheit zu ziehen, sondern durch andere Prinzipien: Respekt vor der Integrität der Personen oder Gruppen, die eine andere Meinung vertreten als man selbst. Niemand darf jene, die eine andere Meinung vertreten oder einer andern Religion oder Rasse angehören, ohne Beweis einer Schuld öffentlich verurteilen oder verunglimpfen. Deshalb gilt bei uns die Rassismusstrafnorm und gibt es die Möglichkeit, gegen Beleidigungen oder Verleumdungen gerichtlich vorzugehen. Es ist hier festzuhalten, dass seit 9/11 die Moslems unter einer Art Generalverdacht stehen, terroristische Aktivitäten «gegen den Westen» zu befürworten, ohne dass bisher – nach bald zehn Jahren – ein gerichtlicher Beweis für die Schuld einer islamistischen Gruppe (mit oder ohne Osama bin Laden) für 9/11 erbracht worden wäre.
Deshalb gilt auch hier, dass die offizielle Version von 9/11 nicht tabuisiert und jeglicher Kritik entzogen werden darf: auch sie hat keine quasi dogmatische Gültigkeit!
Genau an diese Rechtsgrundsätze haben sich ausnahmslos alle Personen gehalten, die in der Website www.911untersuchen.ch mit persönlichen Stellungnahmen an die Öffentlichkeit getreten sind. Diese Feststellung ist jederzeit für jedermann nachprüfbar. Keiner und keine von ihnen lässt sich auch nur im geringsten mit «Verschwörungstheorien» in Verbindung bringen, die ohne klare Beweise irgendwelche Personen beschuldigen. Niemand von uns behauptet zu wissen, was genau am 11. September 2001 von wem verursacht worden ist. Es ist jedoch unser legitimes Recht, das von den gemeinsamen Grundrechten aller Staaten beidseits des Atlantiks garantiert wird, die offensichtlichen, unleugbaren Widersprüche zu benennen und eine neue, unabhängige Untersuchung zu fordern.
Die Ereignisse vom 11. September 2001, die nach schon bald 10 Jahren noch immer der Aufklärung harren und eine Menge Fragen offen lassen, haben mit den beiden durch sie begründeten Kriegen in Afghanistan und im Irak mit hunderttausenden Toten (ein Vielfaches der Opfer von 9/11) und mit der Vernichtung unschätzbarer Kulturgüter und Destabilisierung der internationalen Beziehungen und Einschränkung der Bürgerrechte in vielen Ländern als Folge des «Krieges gegen den Terror» derart schwerwiegende und bis heute anhaltende Auswirkungen, dass leichtfertige Stellungnahmen wie die Ihre, die einzig der Verunglimpfung berechtigter Forderungen nach Aufklärung dienen, nicht tolerierbar sind. Einzig eine ernsthafte und wissenschaftlichen und forensischen Kriterien standhaltende Auseinandersetzung mit den bekannten Fakten ist dem Ernst und der Tragik der Ereignisse angemessen.
Als Mitunterzeichner der Forderung nach neuer und wirklich unabhängiger Untersuchung der Ereignisse vom 11. September 2001 verteidige ich das Recht zur freien Meinungsäusserung und wende ich mich dagegen, dass berechtigte Kritik an der offiziellen Version unterdrückt oder öffentlich ohne objektive Gründe schlechtgemacht wird. Weil Sie viele Personen, darunter Wissenschaftler, Politiker, Professoren und Journalisten, pauschal in ihrer Würde verletzt haben, bestehe ich auf einer formellen Entschuldigung gegenüber allen Unterzeichnern von 911untersuchen.ch.
Mit freundlichen Grüssen
Felix Sachs
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