Kategorien
- Allgemein (7)
- Banken (31)
- Gesellschaft (19)
- Justiz (35)
- Medien (26)
- Medienkritik (81)
- Menschenrechte (25)
- Politik (91)
- Sport (1)
- Terror (47)
- Veranstaltungen (2)
Neue Kommentare
- miller bei Christian Mensch:
ein Orthodoxer auf Ketzerjagd - Wendelin Reinhardt bei SRF-Club: «wirr und unverständlich»
- Anonymous bei Philipp Löpfe: Troll-Alarm
- Stefan bei George H.W. Bush: Monster mit Maske
- Serge Winkler bei George H.W. Bush: Monster mit Maske
- miller bei Christian Mensch:
Berichterstattung
Diverses
Journalisten/Medien
Medienblogs
Soziale Medien
Die simple Welt des Michael Hug
Michael Hug, Chefredaktor der Berner Zeitung, ist kein Sozialdemokrat. Das ist nichts Neues und kein Problem. Im Gegenteil: Der linken Stadt Bern könnte ein bürgerlicher Journalist, der fundiert argumentiert, gut tun.
Das Problem ist: Michael Hug argumentiert alles Andere als fundiert. Er verdreht die Tatsachen, wenn es seiner Haltung dient. Er fordert und kritisiert, ohne auch nur den Ansatz einer Lösungsmöglichkeit aufzuzeigen. Wer Michael Hug liest, hat oft das Gefühl, die «Weltwoche» in den Händen zu halten: undifferenziertes Verwaltungs- und Staatsbashing, hemmungsloser Thesen-Journalismus.
Ein gutes Beispiel dafür, wie Hug denkt und argumentiert, liefern seine Kommentare zur Abstimmung vom vergangenen Wochenende über die Motorfahrzeugsteuern. Sage und schreibe vier Mal (1, 2, 3, 4) machte er sich im Vorfeld für den Volksvorschlag stark. Am vergangenen Montag, nach dem Ja des Stimmvolks, hat er noch einmal nachgelegt (1). Der folgende unvollständige Aussagen-Mix ist nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet.
Thema: «der böse Staat»
Beginnen wir mit Michael Hugs abstrusem Verhältnis zum Staat. Er sieht in den von uns gewählten Volksvertretern Gegner, die gegen uns arbeiten, die immer wieder versuchen, uns zu betrügen. Hug schreibt:
Und:
Und:
Und:
Und:
Anständige (und unanständige) Politikerinnen und Politiker verteilen auch das eigene Geld, Herr Hug, sie zahlen Steuern wie Sie und ich. Regierungen verteilen das Geld nicht zu ihrem eigenen Vergnügen, sondern erfüllen demokratisch beschlossene Aufträge.
Michael Hug sieht den Staat als einen Moloch, der uns unterjocht und ausnimmt. Er scheint allen ernstes zu denken, Politiker und Staatsangestellte hätten ein Interesse daran, uns das Geld aus der Tasche zu ziehen. Er tut so, als würden Politiker hierzulande persönlich davon profitieren, wenn sie gegen das Volk arbeiten. Michael Hug klopft in Sachen Staat Töne, wie wir sie vor allem aus den USA kennen.
Thema: «zu hohe Steuerbelastung»
Zu Hugs staatsfeindlicher Haltung passen seine Bemerkungen bezüglich Steuerbelastung. Er schreibt:
Und:
Und:
Erstens: Von guten Zeiten kann keine Rede sein. Der Kanton Bern hat es in schlechten Zeiten dank zahllosen Sparpaketen geschafft, ein positives Budget zu präsentieren und Schulden abzubauen. Wie hätte er da noch die Steuerbelastung reduzieren sollen? Zweitens: Der Kanton Bern füttert zahlreiche Gegenden durch, die kein Geld generieren, sondern viel kosten. Wer Bern undifferenziert mit anderen vergleicht, zeigt seine Inkompetenz. Drittens: Auch von Herrn Hug wird gerne verschwiegen, dass Bern in reinen Zahlen zwar tatsächlich massiv vom Finanzausgleich profitiert. Wenn man die Zahlen allerdings pro Kopf betrachtet, liegt der Kanton im Mittelfeld (1). Viertens: Gerne würden wir hören, wie die «intelligenten Lösungen» aussehen, Herr Hug.
Notabene haben in den 1980er-Jahre drei aufeinanderfolgende, von bürgerlicher Seite durchgedrückte Steuersenkungen den Kanton Bern in eine veritable Schuldenspirale getrieben. Während der letzten zwei Jahrzehnte kämpfte der Kanton unter anderem mit den Folgen dieser Politik. Das Resultat ist bekannt: Zahllose Sparpakete, die meist zu Lasten von Bildung und Gesundheit gingen und gehen. Sollen die alten Fehler wiederholt werden, Herr Hug?
Thema: «keine Sparanstrengungen des Kantons»
Michael Hugs Probleme mit Staat und Steuern sind keine gute Ausgangslage für eine differenzierte Auseinandersetzung mit finanzpolitischen Themen. Das zeigt sich in seiner «Wahrnehmung» der Sparanstrengungen des Kantons Bern in den letzten Jahren. Er schreibt:
Und:
Und:
Das sind mehr als grobe Vereinfachungen der Realität, es ist eine Frechheit gegenüber den verantwortlichen Politikern in der Exekutive. Erstens: Seit 1991 hat der Kanton Bern jedes Jahr Sparpakete verabschiedet, er hat in schlechten Jahren 14 Mal in Folge einen positiven Jahresabschluss präsentiert, er hat zuletzt 8 Jahre in Folge Schulden abgebaut. Wie hätte er das alles bewerkstelligen sollen, ohne massiv zu sparen? Keine Ahnung, auch hier bleibt Hug jeden konkreten Hinweis schuldig.
Thema: «Verwaltungsapparat ist zu gross»
Sorry: Einen «konkreten» Hinweis hat Hug doch auf Lager. Er stört sich am «aufgeblähten» Verwaltungsapparat. Er schreibt:
Und:
Klar, die Verwaltung soll effizient arbeiten, nicht Nötiges soll gestrichen werden. Was Michael Hug aber macht, ist das bekannte, simple Verwaltungs-Bashing. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit Sinn und Unsinn von Verwaltungsaufgaben wäre ein bisschen schwieriger. Letzteres würde mit sich bringen, konkrete Vorschläge zu machen, in welchen Verwaltungsbereichen der Hebel anzusetzen ist. Aussagen wie «Aufgaben streichen» und «gewisse Bereiche straffen» sind wenig hilfreich.
Ein Blick in die eigene Zeitung oder den Bund würde genügen, um bei Michael Hug für Basiswissen zu sorgen. Da lesen wir immer wieder fundierte Texte zum Thema «Ausgaben» und «tatsächliche Sparmöglichkeiten» des Kantons Bern (unter vielen anderen: 1, 2, 3, 4). Der interessierte Leser merkt, dass die reale Welt weniger simpel ist als jene des Michael Hug.
Weshalb die Aufgaben des Staates zunehmen und sich der Verwaltungsapparat «aufbläht», ist alles Andere als ein Geheimnis. Ein paar Beispiele gefällig, Herr Hug?
Für weitere Beispiele einfach ab und zu mal einen Blick in die Zeitungen werfen oder ein Gespräch mit einem Verwaltungsangestellten riskieren.
Thema: «Wink mit dem Zaunpfahl»
Endgültig lächerlich macht sich Michael Hug mit seiner Argumentation pro Volksvorschlag in Sachen Motorfahrzeugsteuern. Er schreibt:
Und:
Und:
Und:
Und:
Es tut mir leid, Herr Hug, aber das ist kein ernst zu nehmender Diskussionsbeitrag. Wenn Sie politische Anliegen aus purem Trotz ablehnen, spricht das nicht für Ihren Weitblick und Ihre Professionalität.
Apropos Ecotax: In Regierungsrat und Grossrat sitzen Menschen wie Sie und ich. Menschen, die wie Sie und ich bisweilen dazulernen. Gerade in den vergangenen zehn Jahren hat sich viel getan. Das Berner Volk denkt über den Atomausstieg nach, es hat der Energiestrategie zugestimmt. Ecotax wäre ein Schritt im Rahmen dieses Umdenkens gewesen. Mobilität ist ein Energiefresser und produziert jede Menge CO2. Hier könnte man viel gewinnen in Sachen Umweltschutz. Zu behaupten, es gehe Regierung und Parlament nur ums Geld, ist – gelinde gesagt – eine Frechheit.
Fehl am Platz
So abgedroschen es klingen mag: Michael Hug ist der typische bürgerliche Gutverdiener, der nicht kapiert hat, dass der Bildungs- und Sozialstaat das A und O einer funktionierenden Gesellschaft ist, einer Gesellschaft, die auch dem Wohlhabenden Sicherheit bietet. Michael Hug ist ein Chefredaktor, der aus purer Staatsfeindlichkeit und aus purem Trotz gegen Vorlagen anschreibt und Tatsachen verdreht. Das ist ein Niveau, das sicher nicht in eine Tageszeitung gehört, die den Anspruch hat, seriös zu sein.