Blitzgescheite Sonntagsanalyse

Es ist zum verzweifeln: Woche für Woche findet die Presse Gefallen daran, unschöne Meldungen über Credit Suisse und UBS zu verbreiten. Laut den Berichten werden bei den Schweizer Grossbanken unfassbar hohe Boni bezahlt, es wird hinterzogen, manipuliert und und und (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7). Wie wohltuend, wenn eine Zeitung wie der «Sonntag» in die Bresche springt und Brady Dougan, den CEO der Credit Suisse, ins rechte Licht rückt.

Geschrieben hat das Plädoyer der stellvertretende Chefredaktor Beat Schmid. Dass er einen Text abliefert, den das Korrektorat nicht gesehen hat, soll uns nicht stören, schliesslich zählt der Inhalt. Und dieser hat es in sich: Mit «Superhirn Brady Dougan» zollt Schmid einem Mann Tribut, der selbstverständlich rein gar nichts mit all den unterstellten Machenschaften der CS zu tun hat.

Schon im ersten Abschnitt spürt man die berechtigte Bewunderung, die Schmid für Dougan empfindet:

Der Chef der Grossbank Credit Suisse gilt als begnadeter Trader. Langjährige Mitarbeiter ziehen respektvoll den Hut, wenn sie über «Brady», den ausgebufften Händler der Paradeplatz-Bank, reden. Er sei blitzgescheit, sei überaus geldgetrieben, habe den Sinn fürs richtige Timing und schlägt kaltblütig zu, wenn sich eine Gelegenheit sieht. Wäre er Musiker, hätte er das absolute Gehör.

Geldgetrieben und kaltblütig – das sind wahrlich Tugenden, die Leuten wie uns fehlen. Deshalb bringen wir es auch zu nichts.

Eine perfekte Gelegenheit für einen grossen Trade ergab sich vor einem Jahr. Die Credit Suisse kam unter Beschuss, als die Nationalbank der Bank vorwarf, zu wenig stark kapitalisiert zu sein. Diese forderte die CS auf, ihre Eigenkapitaldecke unverzüglich deutlich aufzustocken. Die Nachricht war eine Bombe: Die Aktionäre nahmen Reissaus. Der Kurs fiel ins Bodenlose, im CS-Verwaltungsrat brach Hektik aus. Brady Dougan aber blieb cool. Sachte hob er den Fehdehandschuh auf, den ihm Nationalbank-Präsident Thomas Jordan ins Gesicht geschleudert hatte.

Wichtig zu zeigen: Dougan liess sich von der stillosen und unnötigen Attacke Jordans nicht provozieren. Im Gegenteil: Mit Bedacht schritt er zu Gegenmassnahmen. Wirkungsvollen Gegenmassnahmen:

Dougans Reaktion kam am 18. Juli. Mit einem Paukenschlag kündigte er ein mehrstufiges Kapitalstärkungsprogramm an. Was fast unbemerkt blieb: Es umfasste auch ein spezielles Programm, das Mitarbeitern erlaubte beziehungsweise verpflichtete, Bonusansprüche in Bargeld in CS-Aktien umzutauschen. Statt Cash sollten die Mitarbeiter also Aktien als Bonus bekommen. Der Ausgabekurs war definiert – zu einem Vorzugskurs von Fr. 16.29 pro Aktie. Am 18. Juni ging die CS-Aktie zu einem Kurs von Fr. 18.30 aus dem Handel.

Ob das Programm den CS-Mitarbeitern nur Möglichkeiten gibt oder doch vorschreibt, was zu tun ist, wäre zwar interessant gewesen. Aber was solls. Viel wichtiger ist, einmal mehr auf Dougans Superhirn hinzuweisen. Schlicht genial, das neue Programm «Kapitalstärkung» zu nennen. Denn um Kapitalstärkung gehts tatsächlich:

Wie sich im Rückblick zeigt, war dies ein perfektes Timing. Der absolute Tiefkurs erreichte die CS-Aktie am 2. August mit Fr. 16.01. Tiefer sank sie nie mehr. Im Gegenteil: Die CS-Aktien gewann wieder das Vertrauen der Anleger, der Kurs startete durch. Letzten Freitag schloss sie mit Fr. 28.60 – nahezu beim Höchst der letzten zwei Jahre. Dougan lag also goldrichtig: In einem Jahr machte er eine Rendite von 75 Prozent. Ein langjähriger CS-Händler sagt voller Bewunderung: «Das muss man ihm lassen, Brady hatte wieder einmal die richtige Nase.»

Eine Meisterleistung von Dougan. Gerade im eigenen Unternehmen ist es überaus schwierig zu spüren, wohin die Reise geht. Nur üblen Verschwörungstheoretikern könnte in den Sinn kommen, dass Dougan das Kapitalstärkungsprogramm einführte, weil er ahnte, dass der Aktienkurs irgendwann steigen wird.

Und wie viel hat der Trade Brady Dougan bisher eingebracht? Aus dem Geschäftsbericht 2012 geht hervor, dass der Banker über eine halbe Million Aktienansprüche zugeteilt bekam. Diese hatten beim Tausch einen Wert von 8,9 Millionen Franken. Beim heutigen Kurs ist das Aktienpaket bereits über 15 Millionen Franken wert. Der Kursgewinn beträgt somit über 6 Millionen Franken – steuerfrei. Hätte Dougan die Cash-Ansprüche nicht gewandelt, läge der Gewinn bei null Franken.

Auch die weiteren sieben Geschäftsleitungsmitglieder machten beim einträglichen Wandelprogramm mit. Insgesamt beträgt ihr Buchgewinn gemäss heutigem Aktienkurs knapp 40 Millionen Franken.

Wichtig, dass Schmid deutlich darauf hinweist: Geldsucht und Kaltblütigkeit lohnen sich! Und es soll bloss niemand mit Nörgeleien à la «Wenn Dougan und die CS-Geschäftsleitung auf ihren Millionengewinnen wenigstens Steuern zahlen würden» kommen. Das ist altsozialistisches Gutmenschenzeugs und wäre doppelt dumm. Denn:

Dougans goldener Trade ist doppelt schlau. Indem er Aktien statt Cash nimmt, entlastet er die Erfolgsrechnung und steigert Gewinn und Eigenkapital. Dies wiederum befeuert den Aktienkurs, was wiederum Dougan zugute-kommt. Zudem sind Dougans Interessen voll deckungsgleich mit denjenigen der Aktionäre. Deshalb kann man ihm auch keinen Strick drehen. Dies im Unterschied zum früheren PIP-BonusProgramm, das erhebliche Hebeleffekte beinhaltete und heftig umstritten war. Es bescherte Dougan einen einmaligen Bonus von über 70 Millionen. Der CS-Topmann hat seine Lektion gelernt und mit dem lukrativen Cash-Aktien-Tauschprogramm alle überrascht.

Dougan denkt nicht nur an sich, sondern auch an die Aktionäre. Ein Superhirn mit Sozialkompetenz. Kaum zu glauben, dass es so etwas heute noch gibt. Deshalb sind wir umso dankbarer für Beat Schmids blitzgescheite (und geldgetriebene?) Sonntagsanalyse.

PS: Die CS-Aktie ist heute schon wieder gestiegen. Einfach genial, dieser Brady Dougan.

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