Finma: Persilschein
bitte selbst ausstellen

Es ist der Bericht der Finma, auf den sich Brady Dougan und Urs Rohner berufen, wenn es darum geht, ihr Verbleiben an der Spitze der Credit Suisse zu rechtfertigen. «Die Finma fand keine Hinweise darauf, dass das Senior Management der Credit Suisse von konkreten Verfehlungen Kenntnis gehabt hätte.» Ein Freispruch also, den die Finanzmarktaufsicht der CS-Spitze im Zusammenhang mit den verheerenden US-Geschäften ausstellt.

Nun zeigt sich aber: Die eidgenössischen Kontrolleure haben ihre Erkenntnisse gar nicht aufgrund einer eigenen Untersuchung gewonnen. Die Finma beauftragte 2011 lediglich die CS damit, eine unbefangene renommierte Anwaltskanzlei zu suchen, die eine solche Untersuchung durchführte. Dies tat die Bank, aber in «enger Zusammenarbeit mit einer US-Anwaltskanzlei». So steht es im Bericht.

Das schreibt die Sonntagszeitung am letzten Sonntag.

Déjà-vu

Die Empörung ist dem Journalisten, Chefredaktor Arthur Rutishauser, anzuspüren. Umso erstaunlicher, dass weder in der SonntagsZeitung noch in anderen Tamedia-Produkten, die die Geschichte nachgezogen haben, die offensichtlichen Parallelen zum Finma-Lehman Brothers-Bericht aufgezeigt werden.

Wir erinnern uns: Im November 2012 stellte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Ständerats fest, die Finma habe bei ihrer Untersuchung des Falls Credit Suisse-Lehman Brothers keine Fehler gemacht. In ihrer Antwort auf eine Aufsichtsbeschwerde schrieb die GPK:

Im konkreten Fall eröffnete die Finma ein Verwaltungsverfahren nach Artikel 30 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMAG; SR 956,1). Sie liess in der Folge eine Untersuchung zuhanden der Finma durch die CS durchführen und verifizierte die Resultate durch Befragungen von CS-Mitarbeitenden.

Im Klartext: Selbstuntersuchungen im Auftrag der Finma sind offenbar der Normalfall, nicht die Ausnahme. Das schrieb auch die GPK:

Ein solches Vorgehen ist gemäss Angaben der Finma durchaus üblich, auch auf internationaler Ebene (…)

Mit anderen Worten: Wer als Finanzdienstleister einen Persilschein braucht, darf sich diesen im Auftrag der Finma gleich selbst ausstellen. So geht das!

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