«Verschwörungstheoretiker» ist ein Kampfbegriff, ein Diffamierungsinstrument. Und wie die meisten dieser Begriffe, ist auch «Verschwörungstheoretiker» unscharf definiert. Ob Fachmann oder Laie, ob ehrlich bemühter Forscher oder Spinner, alle werden demselben Vorwurf ausgesetzt. Wer beispielsweise vermutet, dass hinter dem Mord an John F. Kennedy mehr steckt als ein verwirrter Einzelgänger, wird ebenso als Verschwörungstheoretiker bezeichnet, wie jemand, der glaubt, die Erde sei flach.
Das macht den Begriff eigentlich untauglich für einen ernsthaften Diskurs. Eigentlich. Denn gerade Journalisten und Wissenschaftler verwenden «Verschwörungstheoretiker» heute inflationär. Einer dieser Wissenschaftler ist Philippe Wampfler. Der Lehrer und Social Media-Spezialist hat sich, quasi nebenberuflich, auf die Auseinandersetzung mit Leuten spezialisiert, die er pauschal herabzustufen pflegt – eben als «Verschwörungstheoretiker» bezeichnet. Wampflers besonderes Interesse gilt dabei der weit verbreiteten Spezies des 9/11-Zweiflers, insbesondere dem Basler Historiker Daniele Ganser.
Wampflers jüngster Artikel «Mit Verschwörungstheoretikern reden. Ein Bericht» ist das Irritierendste, was ich bis jetzt von ihm gelesen habe. Irritierend, weil Wampfler erschreckend unwissenschaftlich vorgeht bzw. argumentiert – und damit genau das tut, was er anderen vorwirft. Er genügt seinen eigenen Ansprüchen nicht annähernd.
Wampfler beginnt seinen Text mit einem Satz, den man als Lüge bezeichnen könnte. Er schreibt:
Ganser ist Historiker mit eigenem, privaten Institut (Swiss Institute for Peace and Energy Research, SIPER) und bekannt für seine «Fragen» zu 9/11, mit denen er insinuiert, der Anschlag sei nicht das Werk islamistischer Terroristen gewesen.
Das ist grundlegend falsch und zeigt in aller Deutlichkeit, wie Wampfler tickt. Ganser geht nämlich in all seinen Publikationen nicht darauf ein, wer ausser den offiziellen Attentätern hinter 9/11 stehen könnte. Ganser weist auf Fehler bzw. Unterlassungen der offiziellen Untersuchung hin. Ob er damit richtig liegt, sei dahingestellt. Der Punkt ist, dass Wampfler jede Frage zu 9/11, jede Kritik an der offiziellen Darstellung als das «Insinuieren einer grossen inneramerikanischen Verschwörung» wahrnimmt. Das sagt mehr über Wampfler selbst aus, als über Ganser (oder andere).
Wie wenig sich Wampfler darum tut, die Standards, die er von anderen verlangt, selber einzuhalten, zeigt er in der Folge immer wieder. Zum Beispiel hier:
Allerdings folgt seine (Daniele Gansers) Arbeitsweise dabei seit Jahren keinen wissenschaftlichen Standards mehr, wie sein Umgang mit Quellen zeigt.
Das mag stimmen oder nicht. Die Frage ist: Welche Belege liefert Wampfler für seine Aussage? Richtig: unbrauchbare. Er verlinkt einen einzigen Text, «Gansers Quellen», den er selber geschrieben hat. Darin geht es um ein 11-seitiges Kapitel aus Gansers 330-seitigem Buch «Illegale Kriege». Das Kapitel handelt vom Internationalen Strafgerichtshofs und ist bezüglich des Umgangs mit Quellen wenig aussagekräftig, weil es mehrheitlich um Gründung, Zweck und Geschichte des Gerichts geht. Es geht also nicht um Forschung, sondern um die Darstellung eines simplen Sachverhalts.
Immerhin verlinkt Wampfler in «Gansers Quellen» einen Artikel von Peer Henrik Hansen, der sich kritisch mit zwei Kapiteln aus Gansers Buch «NATO’s Secret Armies» auseinandersetzt – der Arbeit, mit der Ganser doktoriert hat. Nur: Der Artikel von Hansen ist eine ganz normale Buchkritik, wie man sie auch zu jedem Krimi lesen kann. Quellen für die Kritik? Fehlanzeige. Zudem macht das «International Journal of Intelligence and CounterIntelligence», das den Beitrag publiziert hat, einen suspekten Eindruck. Die Beiträge gehen zwar angeblich durch eine Peer Review, der sogenannte Impact Factor ist aber im Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Zeitschriften sehr niedrig. Dementsprechend wurde der verlinkte und 2006 veröffentlichte Artikel bisher kein einziges Mal zitiert. Eine Schnellrecherche ergibt zudem, dass der Verlag «Routledge», bei dem auch das «International Journal of Intelligence and CounterIntelligence» erscheint, offenbar unseriöse Peer Reviews durchführt. Kurz: Die Quellenlage für Wampflers Behauptung, Ganser folge seit Jahren keinen wissenschaftlichen Standards mehr, ist dünner als dünn.
Anmerkung: Wampfler schaffte es in der Erstfassung von «Gansers Quellen» nicht, Gansers vollständigen Namen und den Titel des Buchs zu nennen. Eine Haltung, die zeigt, wie heftig Wampflers Abneigung gegenüber Ganser ist. Beides, Name und Buchtitel, fügte Wampfler nachträglich ein, nach heftiger Kritik.
Doch zurück zu Wampflers aktuellem Text. Er erklärt sein Vorgehen wie folgt:
Ich selbst nehme auf zwei Arten teil: Entweder, indem ich auf meinem Profil Stellung beziehe und dann von dieser Community besucht werde – sie stürzt sich auf alles, was Ganser betrifft. Oder ich beobachte mit Beunruhigung, wie Bekannte Sympathien für diese Denkweise entwickeln und klinke mich ein. Im Folgenden werde ich meine Erfahrungen in diesen Gesprächen schildern und eine Analyse versuchen.
Wampfler schert alle über einen Kamm. In seiner Welt gibt es diejenigen, die sauber denken (wie er selbst) und die Anderen. Um die Anderen muss man sich Sorgen machen, es gilt sie zu untersuchen. Das ist unerträglich überheblich und sicherlich kein neutraler, wissenschaftlicher Ansatz.
Wampfler beginnt seine «Analyse» mit:
Die Gespräche finden auf der virtuellen Bühne, oft über verschiedene Kanäle hinweg statt: Eine Facebook-Diskussion über einen Blogpost regt einen Beitrag auf einem anderen Blog an, der wiederum eine Diskussion auf Twitter entfacht, die später in den Kommentaren des Blogs weitergeführt wird. Die Teilnehmenden sind – im Sinne des Soziologen Erving Goffman – zugleich Publikum.
Eine bahnbrechende Erkenntnis. Das dürfte sich genauso immer dann zutragen, wenn irgendwo irgendein Thema online diskutiert wird.
In den Diskussionen beabsichtigt die Ganser-Seite zu zeigen, wie falsch die offiziellen Darstellungen von Terroranschlägen und anderen Ereignissen sind, und wie wahrscheinlich dem gegenüber geheime Absprachen und Einflüsse sind. Ich wiederum versuche – manchmal mit Unterstützung von anderen – nachzuweisen, dass diese Vermutungen haltlos und irrational sind, und dass der paranoische Zweifel dazu führt, dass wissenschaftliche Standards über Bord geworfen werden.
Wer Wampfler kennt und mit ihm diskutiert – ich tue das seit Jahren – weiss, dass er genau das nicht tut: auf der inhaltlichen Ebene argumentieren. Wie sollte er auch. Wer z.B. bezüglich 9/11 kaum Fachkenntnisse hat, kann keine «Vermutungen» widerlegen. Wampfler konzentriert sich in praktisch allen Diskussionen, die ich gesehen habe oder an denen ich beteiligt war, auf die Frage: Hast du für deine Kritik Belege, die eine Peer Review überstanden haben? Wer zurückfragt, ob Wampfler denn für die offizielle 9/11-Darstellung, die er verteidigt, Belege vorweisen könne, die eine Peer Review gesehen haben und in einem rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren bestehen würden, stösst auf taube Ohren.
Trotzdem gibt es grundlegende Differenzen, unter anderem darüber, wie seriöse Argumentationen ablaufen. Ich zum Beispiel kritisiere Ungenauigkeiten, Pauschalisierungen und rhetorische Tricks, die mir in Vorträgen von Ganser und anderen Koryphäen der Bewegung auffallen: Ganser verkleidet eigene Thesen und Vermutungen als Fragen, für die er Aufklärung fordert.
Das heisst: Während Wampfler «Ungenauigkeiten, Pauschalisierungen und rhetorische Tricks» der «Verschwörungstheoretiker» kritisieren darf, ist es diesen nicht erlaubt, ebendies im Fall der offiziellen 9/11-Version zu tun und daraus nötigenfalls Fragen abzuleiten.
Hier zeigt sich ein Widerspruch, der sowohl Ganser selbst als auch seine Anhänger charakterisiert: Rhetorik und Analysen sind einerseits von einem starken Wissenschaftlichkeitsfetisch angetrieben, dieser wird jedoch zugunsten einer moralischen Argumentation jederzeit aufgegeben («Bist Du etwa für den Krieg und gegen den Frieden?»). Wissenschaftlichkeit erscheint dann plötzlich als hinderliche Pedanterie.
Wiederum trifft es alle gleichermassen: Ganser und alle seine «Anhänger» verhalten sich gleich, machen die gleichen Fehler. Und wiederum betrifft dieser Vorwurf auch Wampfler selbst: Er ist von einem starken Wissenschaftlichkeitsfetisch angetrieben, dieser wird jedoch im Fall von 9/11 zugunsten einer moralischen Argumentation – «es ist absurd, 9/11 zu hinterfragen» – jederzeit aufgegeben. Will heissen: Geht es um 9/11, stört es Wampfler nicht, dass die offizielle Darstellung nie eine Peer Review gesehen hat, geschweige denn eine solche überstehen würde. Er verteidigt sie trotzdem mit Vehemenz, er hofft förmlich, dass sie richtig sein möge …
Es zeigt sich hier der sogenannte «Myside Bias» von Verschwörungstheorien in doppelter Form: Die eigene Theorie wird nicht nur für unhinterfragbar wahr gehalten («Confirmation Bias»), sondern es wird für ihre Vertreterinnen und Vertreter auch zu einem starken Wunsch, dass sie wahr sei («Desirability Bias»).
Richtig – und genauso richtig für Wampfler. Denn Wampfler ist offensichtlich nicht wissenschaftlich, sondern inquisitorisch getrieben. Das führt zu einem Bias, weil Wampflers Beobachtungen durch seine stark gefärbte Sicht verzerrt werden. Wenn Wampfler von «Myside Bias» und «Desirability Bias» spricht, müsste er erkennen, dass sich dies eins zu eins auf ihn übertragen lässt: Er will genauso recht haben, wie die andere Seite.
Das sieht Wampfler nicht. Denn nur die Argumente der «Anderen» sind schwach:
Wenn eine Argumentation nicht verfängt, erfolgt oft ein Themenwechsel. Das Reservoir der unerklärlichen Auffälligkeiten rund um die von Ganser diskutierten Ereignisse ist so gross, dass grosse Themen-Sprünge jederzeit möglich sind. Sie verunmöglichen, die Auffälligkeiten in einem grösseren Kontext zu analysieren. Zum Beispiel die Einsicht, dass vor fast allen grösseren Ereignissen Insiderhandel an der Börse ermittelbar ist, nicht nur vor dem 11. September 2001.
Von Thema zu Thema springen: Wampflers Standardvorwurf, den er mir und anderen seit Jahren macht. Das Problem: Wer mit Wampfler diskutiert, darf erst dann das Thema wechseln, wenn er ihm recht gegeben hat. Leider bietet sich dazu selten Gelegenheit, weil Wampfler inhaltlich so gut wie nichts beizutragen hat.
Paradebeispiel Insiderhandel: Vor 9/11 ist an den Börsen auf Kurstürze der vom Anschlag betroffenen Airlines gewettet worden. Wampfler findet: Weil es vor Grossereignissen regelmässig Insiderhandel gibt, ist der Insiderhandel vor 9/11 nicht relevant. Will heissen: Es lohnt sich nicht, den Hintergrund eines Mordes aufzuklären, weil täglich gemordet wird. Eine Logik, die sich mir nicht erschliesst. Eine Logik, die bisweilen dazu führt, dass ich das Thema wechsle …
Das Thema Insidertrading ist auch deshalb vielsagend für Wampflers Verhalten, weil er dazu oft eine Studie von Marc Chesney, Professor an der Universität Zürich, ins Feld führt. Wampfler verlinkt Chesney stets in der Absicht, zu belegen, dass es vor 9/11 keine verdächtigen bzw. keine relevanten Vorgänge an den Börsen gegeben habe. In Wahrheit sagt Chesneys Studie aber genau das Gegenteil aus. Deshalb hat Chesney auch meine Forderung für eine neue 911-Untersuchung unterschrieben. Sein Statement:
Des transactions financières suspectes eurent lieu au niveau international, peu de jours avant les attentats du 11 septembre 2001. Il s’agissait d’options de vente sur actions, dont la détention permet de parier sur la chute de cours boursiers. Tant le secteur aérien que le secteur financier furent concernés.
Il est regrettable qu’un rapport à la fois conséquent et complet, n’ait pas été publiquement divulgué sur ce thème. Le grand public aurait ainsi pu se forger une opinion fondée.
Une véritable transparence de l’information aurait permis de savoir si ces transactions étaient suspectes uniquement du point de vue statistique, ou si elles l’étaient aussi juridiquement.
Wampfler macht bezüglich Insidertrading also nicht nur grobe Logikfehler, er verlinkt die Studie eines kritischen Experten unter falschen Vorgaben.
In der dritten Phase folgt meist eine hitzige Debatte über die Kompetenz von bestimmten Fachleuten. Im Wesentlichen geht es hier darum zu zeigen, dass sehr gut informierte Menschen die Verschwörungstheorie ebenfalls unterstützen. Damit verbunden ist das Argument, ein medialer und öffentlicher Druck hindere viele weitere Menschen mit Expertise daran, ihre Meinung zu sagen – deshalb seien in den entsprechenden Gruppierungen meist nur pensionierte Fachleute oder solche ohne universitäre Anstellungen oder wissenschaftliche Publikationen zu finden.
(…)
Mehrfach wurden mir dann schon Treffen mit Ganser oder anderen Fachleuten, die vom Ganser-Zirkel vereinnahmt werden, in Aussicht gestellt (etwa mit dem Wirtschaftswissenschaftler Marc Chesney, der in einem Paper den Optionenhandel rund um 9/11 untersucht hat). Diese Fachleute, so die Ankündigung, würden mir in vertraulichen Gesprächen Dinge zeigen, die man im Netz nicht diskutieren könne.
Auch ich habe Wampfler mehrfach vorgeschlagen, Spezialisten zu treffen, die nicht öffentlich reden dürfen, weil sie damit ihren Job gefährden würden. Wampfler hat sich bis heute geweigert. Seine Argumente, es nicht zu tun, sind lächerlich. Hier seine exemplarische Antwort an einen Fragesteller auf Facebook:
Weil ich erstens keine Zeit für solche Treffen habe, zweitens keine Zusicherung abgeben will und das drittens ja nicht einem seriösen Vorgehen entspricht: Ich will eine argumentative Auseinandersetzung, keine persönliche/charismatische.
Zu erstens: An der Zeit mangelt es Wampfler offensichtlich nicht. Wer stundenlange Diskussionen in Foren führen kann, hat auch Zeit für ein persönliches Treffen. Zu drittens: Weshalb ein persönliches Treffen nicht seriös sein, weshalb bei einem persönlichen Treffen keine argumentative Auseinandersetzung möglich sein soll, ist ein Rätsel.
Wampflers Weigerung, Spezialisten zu treffen, ist umso ärgerlicher, als er bei jeder Gelegenheit betont, Redeverbote gäbe es nicht. Gleichzeitig ist Wampfler einer derjenigen, der diese Redeverbote befördert, indem er kritische Leute pauschal als Verschwörungstheoretiker bezeichnet und nach allen Regeln der Kunst diffamiert. Ein besonders schönes Beispiel dafür ist seine Auseinandersetzung mit Jan Flückiger, damals Bundeshausredaktor für die NZZ, die ich hier dokumentiert habe.
Wie stark die Redeverbote tatsächlich sind, zeigt allein die Tatsache, dass ich regelmässig Unterschriften von 911untersuchen.ch entfernen muss – weil die Leute bei der Stellensuche Probleme haben. Mittlerweile dürften es rund 20 Statements sein, die ich gelöscht habe.
Gegen Ende seines Texts driftet Wampfler ins Abstruse. Er schreibt:
Diese vierte Phase legt für mich die Vermutung einer Organisation innerhalb der Ganser-Gesprächskreise nahe.
Kein Witz: Wampfler sieht eine abgekartete Sache, eine lenkende Macht, ohne dafür den geringsten Beleg vorzulegen. Das dürfte genau das sein, was man berechtigterweise als Verschwörungstheorie bezeichnet.
In seinem Fazit schreibt Wampfler:
Wie gelingt es, Menschen zu achten und ihre Wahrnehmung zu respektieren, wenn davon auszugehen ist, dass sie manipuliert werden und selbst Informationen so manipulieren? Wie kann sich ein Gespräch auf Augenhöhe mit jemandem entfalten, deren oder dessen Haltung mir Sorge bereitet?
Wiederum: unerträglich überheblich. Und eine Frage, die ich mir insgeheim in Gesprächen mit Wampfler manchmal auch stelle …
Für all jene, die bis hierhin nicht begriffen haben, was uns Wampfler eigentlich sagen will, folgt gegen Ende des Texts die Erklärung:
Denn genau das zeigen meine Ergebnisse: Es gibt Gründe, sich Sorgen zu machen. Für mein Buch über Nonsens im Netz habe ich in den Ganser-Diskussionen viel darüber gelernt, wie Information ohne Bemühung um Wahrhaftigkeit für die Konstruktion von Verschwörungstheorien eingesetzt wird.
Aha. Es geht also um Werbung für Wampflers Buch. Die Frage ist: Wer hat nach diesem Text noch Lust, Wampflers Buch zu lesen? Wer hat Lust, für Schlussfolgerungen wie die folgende, Geld zu bezahlen?
Die zentrale Einsicht ist dabei, dass Verschwörungstheorien Ereignisse als Zeitlupe erzählen: Wie beim Zapruder-Film von der Ermordung John F. Kennedys entsteht dadurch der Eindruck eines präziseren Blickes. Tatsächlich aber lässt dieser Blick die Realität in unscharfe Bilder zerfliessen. Bilder, die alles und nichts bedeuten können. So entstehen Codes, die für Eingeweihte sehr aufschlussreich sind und Paranoia befördern, die aber keiner analytischen Prüfung standhalten.
Wie Wampfler zu dieser Einsicht gekommen ist, bleibt unklar. Im Text findet sich kein diesbezüglicher Hinweis. Zudem: Will Wampfler uns damit tatsächlich sagen, es sei kontraproduktiv, genauer hinzuschauen? Will er uns sagen, es lohne nicht, sich gewisse Bilder, gewisse Ereignisse im Detail anzuschauen?
Dabei ginge es genau um das: genauer hinschauen. Ich staune seit Jahren, mit welcher Verve die Anti-Verschwörungstheoretiker stundenlang darüber «diskutieren» können, wie unwissenschaftlich doch Gansers Ansichten/Arbeiten sind, wie irrational jede Kritik an 9/11 ist. Meine Aufforderung an Wampfler und Konsorten: Wendet eure hohen Ansprüche endlich dort an, wo es wirklich sinnvoll ist: In der Analyse von Berichten, offiziellen Verlautbarungen usw. Wendet eure Ansprüche auf die offizielle 9/11-Darstellung an. Denn: Ihr verteidigt bezüglich 9/11 einen Report, der von befangenen Leuten geschrieben wurde, der in vielen wichtigen Teilen ausschliesslich auf Folteraussagen beruht. Einen Report, von dem sich die beiden Kommissionsleiter inzwischen distanziert haben (1).
Wissenschaft, Herr Wampfler?
PS: Ich habe geschichtedergegenwart.ch meine Replik zur Publikation angeboten. Historiker Philipp Sarasins Antwort:
Wir werden Ihren Text nicht veröffentlichen, aus folgenden Gründen:
Erstens publizieren wir keine «Entgegnungen», sondern nur Beiträge, die ein eigenständiges Argument machen und auch ohne möglicherweise in den Links referenzierte Artikel gelesen werden können.
Zweitens und wichtiger noch: Wir bzw. ich habe mich in einem früheren Beitrag dezidiert zu Verschwörungstheorien geäussert. Wir sehen keinen Grund, auf diese Diskussion zurückzukommen.
Zu erstens: Wo bitte enthält Philippe Wampflers Text ein «eigenständiges Argument», das sich bei näherer Betrachtung nicht als Nonsense entpuppt? Zudem lässt sich mein Text problemlos ohne irgendwelche Links lesen.
Zu zweitens: Philipp Sarasin bezeichnet seinen eigenen Text als abschliessende Meinung zu einem Thema, das Menschen und Medien umtreibt. Diskussion unerwünscht. Das ist bedenklich genug. Noch bedenklicher ist, ein Thema für abgeschlossen zu erklären, gleichzeitig aber Philippe Wampfler Gelegenheit zu geben, sich zu ebendiesem Thema zu äussern.
Im Editorial der Website steht:
«Geschichte der Gegenwart» ist politisch unabhängig, angriffslustig, nicht neutral, machtkritisch und intellektuell neugierig. Unsere Beiträge sind Interventionen ins Feld der immer stärker ökonomischem und ideologischem Druck unterworfenen medialen Meinungsproduktion der Schweiz.
(…)
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