SRF-«Arena»: Unfairer Angriff
auf Daniele Ganser

Gastkommentar von Michael Graf. Er ist Atmosphärenwissenschafter am Geographischen Institut der Universität Bern. Zudem befasst er sich mit Kommunikationsmethoden im Bereich Wetter und Klima. Dieser Text ist in einer gekürzten Fassung bereits auf infosperber.ch erschienen.

In der SRF-Sendung «Arena» vom 24.02.2017 zum Thema «Trumps Krieg» kam es zu einem Eklat, wie man ihn unter der Moderation von Jonas Projer bisher nicht gesehen hat. Der Gast Daniele Ganser wurde mit unfairen Mitteln in einen scheinbaren Widerspruch verwickelt. Ich erläutere in diesem Kommentar, warum die Vorgehensweise der «Arena» in keinster Weise journalistischen Grundregeln entspricht und höchst fragwürdig ist.

Die «Arena» versprach interessant zu werden, da die Sendung wichtige Themen wie die Rolle der Medien in Demokratien, «Fake News» und Medienvertrauen diskutieren wollte. Dafür wurde auf der Seite der Medienkritiker der Historiker Daniele Ganser eingeladen. Bereits in der Anmoderation wurde er als «umstrittener Publizist» eingeführt. Man nennt dieses Vorgehen in den Kommunikationswissenschaften Framing. Indem man Daniele Ganser als «umstritten» betitelt, führt man einen Deutungsrahmen ein. Gansers Aussagen werden dadurch vom ahnungslosen Zuschauer automatisch anders bewertet als jene der anderen Gäste. Natürlich kann man das machen, um dem Zuschauer eine Einordnung der Person und ihrer Aussagen zu ermöglichen. Es stellt sich aber zwangsläufig die Frage, warum man jemanden als Gast in die Arena einlädt, wenn man seinen scheinbar umstrittenen Aussagen ein geringeres Gewicht beimisst. Zudem wird der Gast bereits zu Beginn der Sendung in die Defensive gebracht, was eine faire und ausgewogene Diskussion stark erschwert.

Die Anmoderation war jedoch nur der Auftakt zu einem wesentlich gravierenderen Vorfall. Nach rund 15 Minuten zeigte Projer einen Tweet von Ganser als Reaktion auf die Sendung «Einstein» über Verschwörungstheorien: «Für das SRF ist kritische Forschung zu WTC7 = Verschwörungstheorie. Diffamierung statt Aufklärung. Schade!» Ganser störte sich daran, dass seine Forschung zu WTC7 in der Sendung Einstein als Verschwörungstheorie diffamiert worden sei. Dann zeigte Projer ein Mail aus einer Privatkommunikation von Ganser mit Einstein-Produzent Peter Höllrigl. Darin stand: «Ich fand den Teil zu 911 fair und sachlich. Danke. (…) Herzlich Daniele» Was vordergründig als Widerspruch erscheint, ist keiner. Man kann einen Sendungsteil als ausgewogen und fair erachten, während man die Sendung in ihrer Gesamtheit oder einzelne Aussagen, wie die Bezeichnung der eigenen Person als «Verschwörungstheoretiker», kritisiert. Zudem ist die Mail Teil einer Privatkommunikation, vorangegangene telefonische und persönliche Gespräche sind unbekannt. Sie ist damit, selbst wenn sie komplett gezeigt worden wäre, aus dem Zusammenhang gerissen, was eine krasse Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht darstellt. Der zweite Satz in der Mail lautete: «Der Mix mit ‹Klimalüge› und Protokolle hingegen fand ich schlecht.» Dabei ist nicht klar ersichtlich, ob sich «Mix» auf die ganze Sendung bezieht. Jonas Projer wäre aber meines Erachtens aufgrund des Fairnessgebots verpflichtet gewesen, die Aussagen im Sinne des Gastes zu interpretieren.

Ganser beklagte sich gleich darauf, dass ein Teil weggeschnitten worden sei und kritisierte die Vorgehensweise der Medien in solchen Fällen. Die Situation eskalierte daraufhin rasch. Moderator Projer bezichtigte Ganser, in der Arena eine Verschwörungstheorie zu konstruieren. Diese Aussage des Moderators, der neutral bleiben sollte, war höchst unprofessionell, denn dafür gab es zu diesem Zeitpunkt keine Belege. Er musste aufgrund des Fairnessgebots davon ausgehen, dass Daniele Ganser die Wahrheit sagt. Es handelte sich somit um eine diffamierende Meinungsäusserung und krasse Unterstellung seitens des Moderators. Später drohte Jonas Projer sogar damit, die Sendung abzubrechen.

Das Vorgehen von Jonas Projer in der Arena irritiert und stellt eine krasse Verletzung verschiedener journalistischer Grundregeln dar. Man kann nicht mit Hilfe einer aus dem Kontext gerissenen Mail, die man sogar noch kürzt, einen Widerspruch konstruieren und die Reaktion des Gastes darauf als Verschwörungstheorie abtun. Zudem muss man der betroffenen Person nach einem solchen Angriff ausreichend Zeit geben, sich zu rechtfertigen. Projer blockte Stellungnahmen seitens Ganser in der Sendung jedoch nach kurzer Zeit ab. Eine Beschwerde bei der Ombudsstelle bzw. bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) dürfte gute Chancen haben. Sollte sich Projer für den einmaligen Fehltritt nicht entschuldigen, könnte die Bezeichnung «umstritten» nach diesem Abend auch an ihm haften bleiben.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Medienkritik, Politik und getagged , . Bookmarken: Permanent-Link. Kommentieren oder ein Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

10 Kommentare